Ratgeber und Kurse für Leinenführigkeit boomen, denn scheinbar haben Menschen und Hunde zugleich verlernt, durch ein Band verbunden spazieren zu gehen. Hier erfährst du, warum du bei deinem Hund die Leine von Anfang an positiv verknüpfen solltest und wie es funktioniert.
- Der Freilauf-Trend und seine Folgen für deinen Hund
- Nimm die Sicherheit deines Hundes ernst – unterschätzte Risiken
- Entlaufen: Mein Hund rennt nicht weg
- Die Leine ist keine Strafe: Gewöhn dir den „Leinenknast“ ab!
- Schaff eine positive Einstellung zur Leine von Anfang an – die Gründe
- Mach Leinenspaziergänge spannend
Der Freilauf-Trend und seine Folgen für deinen Hund
„Dein Hund muss freilaufen können!“, tönt es immer wieder aus allen Ecken und Enden. Wer sich die Leine als reine Deko um den Hals legen oder sie direkt zu Hause lassen kann, hat offensichtlich bei der Erziehung seines Vierbeiners alles richtig gemacht und damit einen Coolness-Faktor erworben.
Und ja, natürlich ist es richtig und wichtig, dass Hunde sich aktiv ausrennen und austoben können. Und ja, es hat was, leinenlos zu schlendern und dem eigenen Hund dabei vollkommen vertrauen zu können.
ABER: Durchgängig leinenlose Gassirunden haben zahlreiche unterschätzte und teils unbekannte Risiken und Nachteile. Diese fallen erst dann auf, wenn es bereits zu spät ist.
Nimm die Sicherheit deines Hundes ernst – unterschätzte Risiken
Laut Meldungen bei Tasso sind zum Jahreswechsel von 2024 auf 2025 innerhalb von zwei Tagen 428 Hunde in Deutschland entlaufen. Obwohl es über dem täglichen Durchschnitt liegt, handelt es sich dabei nicht um einen Rekord. Und auch nicht um die tatsächliche Anzahl der entlaufenen Hunde.
Lässt du deinen Hund gewohnheitsmäßig ohne Leine laufen, gehst du zudem deutlich mehr Risiken als nur die kopflose Flucht rund um Silvester ein.
Entlaufen: Mein Hund rennt nicht weg
Das sagt sich so ziemlich jeder, der seinen Hund ohne Leine starten lässt. Doch die Zahlen zeigen ein anderes Bild. 79 Hunde entlaufen laut Tasso pro Tag in Deutschland allein. Hier werden allerdings zu einem großen Teil nur die Hunde gemeldet, die bereits registriert sind. Noch immer kennen viele Halter die Datenbank nicht, melden ihren Hund nicht an oder müssen ihren Hund nicht mehr als vermisst melden, weil einer der folgenden Punkte zutrifft.
Überfahren
Über die Jahre verteilt habe ich allein in einem Umkreis von einem Kilometer zahlreiche Hunde kennengelernt und mich von ihnen verabschiedet.
Da gab es den Windhund-Mix Cero, der stets leinenlos fröhlich auf dem Feld und über die Landstraße rannte. Er wurde angefahren, als er noch nicht einmal ein Jahr alt war. Eine komplizierte Operation später sprang er schon wieder – immer noch mit Nähten und Schutz-Body bewährt – ohne Leine umher. Er wurde nicht einmal eine Woche nach dem ersten Unfall überfahren.
Da war der kleine Bobby, der IMMER bei Fuß lief. Bis er es nicht tat und so schwer angefahren wurde, dass er elendig starb.
Da war Elsa, die Duck Tolling Retriever Hündin, deren Halter sich mit ihrem Gehorsam brüsteten. Bis sie auf der Hauptstraße vor einem anfahrenden LKW landete.
Da war der Welpe, der gerade erst vom Züchter geholt wurde und beim Aussteigen aus dem Auto wegrannte. Zwei Tage überlebte er allein im Freien. Dann mussten ihn freiwillige Suchende von der Straße kratzen.
Einzelfälle sind diese Schicksale nicht. Denn vertuscht werden die angefahrenen und überfahrenen Hunde sehr oft.
Schließlich möchten die Halter von Laika nicht dazu stehen, dass sie jahrelang gewarnt wurden, ihr Hund wird mal noch überfahren. Und dann wurde er überfahren. Auch der Besitzer von Dolly möchte sich nicht anhören, dass er seinen Beagle endlich an die Leine nehmen soll, bevor etwas passiert. Schon gar nicht möchte er zugeben, dass er durch seinen Leinenverzicht den Tod seines Hundes auf dem Gewissen hat.
Gerade das verzerrt die wirkliche Anzahl überfahrener Hunde. Es erleichtert es vielen sich einzureden: „Mir könnte das nicht passieren!“ Mach dir bewusst, dass sich alle anderen genau das eingeredet haben.
Giftköder
„Ich hab noch gebrüllt, er soll es ausspucken.“
Das erzählte mir vor ein paar Tagen der Halter eines Labradors. Den Labrador gibt es nicht mehr. Ebenso wenig wie den Dobermann, der auch „irgendwas fraß“ und Stunden später starb. In die Schlagzeilen haben es beide nicht geschafft.
Auch hier ist allgemein hin davon die Rede, sie seien plötzlich gestorben. Eventuell noch, dass ein Giftköder involviert war. Dass beide Hunde im leinenlosen Zustand wahre Staubsauger waren und nicht mehr auf Kommandos reagierten, wird nicht erwähnt. Dass Leine und/oder Maulkorb sie hätten retten können, ist eine bittere Einsicht. Und dazu noch eine Einsicht, auf die nicht jeder kommt.
Gefahren in und für die Umgebung
Ich hasse es, an leinenlosen Hunden vorbeizufahren. Schließlich reicht bei diesen ein Schreck oder ein verlockendes Geräusch auf der anderen Seite der Straße aus, damit sie vors nächste Auto laufen.
Ich hasse es auch, an unangeleinten Hunden in leinenpflichtigen Gebieten vorbeizumüssen. Hört der Hund verlässlich und dreht ab oder macht er sich gleich zu meinem Problem? Abhängig von dem Hund an meiner Leine kann er sich dabei selbst in Gefahr bringen.
„Meiner tut nix!“ ist gut und schön. Auch, wenn es oft genug nicht stimmt. Dabei wird aber noch nicht einmal berücksichtigt, dass das angeleinte Gegenüber sehr wohl etwas tun kann.
Zudem haben zahlreiche Menschen Angst vor freilaufenden Hunden und fühlen sich von ihnen eingeschränkt. Dadurch wächst nicht nur der Hundehass mancherorts. Vorfälle und Gefahren steigen ebenfalls dort, wo Menschen die geltende Leinenpflicht für ihren Hund abschaffen.
Die Leine ist keine Strafe: Gewöhn dir den „Leinenknast“ ab!
Wenn Hunde an der Leine laufen, ernten sie dafür mittlerweile oftmals Mitleid. Ihre Halter werden belehrt oder belächelt. Immerhin schaffen sie es nicht, ihren Vierbeiner ohne Leine zu führen. Das schaffen zwar viele der Menschen mit leinenlosen Hunden ebenfalls nicht und lassen ihren Hund einfach machen, was er will, doch nach außen wirkt vor allem die Überheblichkeit und die vermeintliche Überlegenheit.
Hinzu kommt, dass mittlerweile viele die Leine als Strafe begreifen. Vom „Leinenknast“ ist die Rede und davon, dass Hunde regelrecht deprimiert sind, wenn sie den Gassigang angeleint absolvieren müssen.
Der Grund dafür ist aber nicht etwa, dass Vierbeiner Leinen von Haus aus furchtbar finden. Die Ursache ist vielmehr in der Einstellung ihrer Halter zu finden und in fehlender, positiver Gewöhnung.
Schaff eine positive Einstellung zur Leine von Anfang an – die Gründe
Mein Hund läuft schief an der Leine.
Mein Hund fühlt sich bestraft an der Leine.
Mein Hund braucht keine Leine, der hört auch so.
Ausreden für die anhaltende Leinenlosigkeit gibt es viele. Sie alle haben drei Gemeinsamkeiten:
- Falsche oder fehlende Gewöhnung an die Leine.
- Einsatz der Leine als Strafe.
- Sie sind genau das: Ausreden.
Oftmals hapert es gewaltig an der Leinenführigkeit, weil diese nie, zu selten oder falsch geübt wurde. Und/oder Spaziergänge an der Leine sind restriktiv und langweilig, während der Hund im Freilauf selbst für Abwechslung und Beschäftigung sorgt. Ist das (nicht mehr) möglich, beginnen die Probleme. Die Gründe dafür sind beispielsweise:
- das Alter: Seh- und Hörkraft lassen ebenso nach wie Körperkraft, Stabilität und Erinnerungsvermögen. Hunde können Gefahren übersehen, den Rückruf überhören oder ein Kommando vergessen und sich damit in Gefahr bringen. Bei einsetzender Demenz oder nachlassenden Sinnen ist es fahrlässig bis verantwortungslos, den Vierbeiner leinenlos laufen zu lassen.
- Krankheit: Geschwächt, gereizt und schreckhafter zu sein, führt ohne Leine schnell zu Gefahren. Kommt zu den Symptomen und dem Unwohlsein auch noch die bisher eher ungewohnte oder negativ belegte Leine, steigt die Sicherheit. Aber die Laune leidet.
- Läufigkeit: Ob Rüde oder Hündin, die Hormone spielen während der Hitze der Hündin verrückt. Rüden möchten zu den läufigen Hündinnen eilen und auch Hündinnen sind während der Stehtage eher dazu geneigt, den Rückruf zu ignorieren. Anleinen ist in jedem Fall sicherer.
- Stress und Schreck: Silvester, Stürm, Gewitter, Entwicklungsschübe oder andere Veränderungen, zahlreiche Reize auf einen Schlag – es gibt viele Faktoren, die Stress auslösen und die Kapazitäten deines Hundes verringern können.
- Verletzungen: Ebenso wie Krankheiten, Alter und Läufigkeiten können Verletzungen Einschränkungen für deinen Hund bedeuten. Kommt nun auch noch das ungewohnte, aber notwendige Laufen an der Leine dazu, kann es eine Belastung darstellen.
Legst du die Leine so selten wie möglich an und hast sie nicht positiv aufgebaut, tust du deinem Hund damit also keinen Gefallen.
Mach Leinenspaziergänge spannend
Hier geht es weiter mit den Tipps rund um (ent-)spannende Leinenspaziergänge: So lernt dein Hund die Leine lieben!

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