Der tut nix! – Sicher?

Von Hunden, die nix tun und doch viel anrichten

Hast du die Nase voll von angeblichen Tutnixen und ihren Haltern? Oder wunderst du dich darüber, dass andere ärgerlich auf deine Hunde reagieren, obwohl sie nix tun? In beiden Fällen bist du hier goldrichtig. Denn in diesem Artikel geht es um Hunde, die nix tun und doch jede Menge anrichten können.

  1. „Der tut nix“ – zwei Perspektiven
  2. Leinen Sie Ihren Hund bitte an – ich habe Gründe!
    1. Mein Hund hat Angst
    2. Ich habe Angst
    3. Läufigkeit
    4. Verletzungen und chirurgische Eingriffe
    5. Schlechte Erfahrungen
  3. Meiner tut aber was!
  4. Was Tutnixe anrichten (können)
  5. Wenn aus „Der tut nix“ „das hat er ja noch nie gemacht“ wird
  6. Dein Hund tut doch was – du merkst es nur nicht

„Der tut nix“ – zwei Perspektiven

Mein Hund ist ein wirklich, echter Tutnix. Er freut sich über andere Hunde. Hat noch nie auch nur abgeschnappt. Okay, er ist ein bisschen überschwänglich, aber einfach nur freundlich. Umso mehr ärgern mich andere Hundehalter, wie die Tussi heute auf dem Feldweg.

Im Gespann mit drei angeleinten Hunden läuft sie da und will passieren. „Leinen Sie Ihren Hund bitte an!“, ruft sie mir entgegen.

Wozu? Denke ich mir. Mein Hund hört schließlich und ist freundlich. „Der tut nix!“, rufe ich ihr erklärend zurück und wir gehen unseres Weges. „Leinen Sie Ihren Hund an!“ brüllt sie genervt zurück. Pfff. SO nicht, denke ich mir und tue nichts dergleichen. Sie geht regelrecht in Kampfhaltung. Bleibt stehen, bugsiert ihre Hunde hinter sich. Oh Gott, wie kann man nur so übertreiben… Mein Hund geht doch nur mal Hallo sagen. Manche Leute haben sie echt nicht mehr alle.

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Ich. Kann. Es. Nicht. Mehr. Hören. „Der tuuuut nix!“, schallt es mir entgegen, weil das Anleinen des eigenen Hundes auf meine Bitte mal wieder zu viel verlangt ist. Während der 40 kg Vierbeiner bereits auf uns zuhält, versuche ich erneut mein Glück. Und ja, ich bin genervt. Genervt von dem immergleichen Tutnix, der bei uns reichlich anrichtet. „Leinen Sie Ihren Hund an!“, brülle ich nun und nein, nicht mehr im Könnten-Sie-bitte-Tonfall. Denn der hat ja offensichtlich keinen Effekt bei der Frau, die die Hundeleine als dekoratives Accessoire für ihren Hals verwendet. Aber anstatt sich langsam mal um ihren Hund zu kümmern, ignoriert sie mich lieber. Danke auch.  

Es kommt mal wieder, wie es kommen muss… Während ich meine Hunde hinter mich bringe und mich auf das Blocken des fremden Vierbeiners vorbereite, hält er bereits mit zunehmendem Tempo auf uns zu. An meinen Leinen hängen drei Hunde, deren Gesamtgewicht unter 10 Kilo liegt. Alle haben schlechte Erfahrungen mit Fremdhunden sammeln müssen. Eine macht aus Angst unter sich, einer hat ein schwaches Herz und Nummer 3 ist drauf und dran sich zu erwürgen, weil er dringend flüchten will, wenn große Hunde auf ihn zuhalten.

Alle haben schlechte Erfahrungen gesammelt, weil „Der tut nix!“ dann doch etwas tat. Und hier stehen wir nun zum 2.498 Mal und bereiten uns auf einen 40 kg schweren Hund vor, der im Turbogang und alle Abwehrzeichen ignorierend unbedingt frontal „hallo sagen“ will.

Sehen wir mal kurz darüber hinweg, dass das unter Hunden hochgradig unhöflich und respektlos ist. Hundehalter wie diese, die „Der tuuuuut nix!“ als Begründung dafür nehmen, dass ihr Hund in uns reinrennt, übersehen eine ganze Menge. Und übertreffen ihre Vierbeiner in puncto Respektlosigkeit.

Leinen Sie Ihren Hund bitte an – ich habe Gründe!

Wenn ich andere Hundehalter um das Anleinen ihres Vierbeiners bitte, kann das zahlreiche verschiedene Gründe haben. Keiner dieser Gründe wird mit „Der tut nix“ aus der Welt geschafft.

Schauen wir sie uns einmal genauer an:

Mein Hund hat Angst

Manche Hunde haben einfach Angst, wenn ein überschwänglicher und fremder Artgenosse auf sie zuhält. Verständlich, oder? Stell dir vor, ein Mensch rennt so auf dich zu und du hast keine Ahnung, was er von dir will.

Schlimmer wird es nur, wenn er 20 Mal so groß ist wie du oder aber für dich offensichtlich Böses im Schilde führt und auf Krawall gebürstet ist.

Ich habe Angst

Es gibt reichlich Hundehalter, die Angst vor fremden Hunden haben. Andere haben nur Angst vor Hunden ohne Leine oder fürchten, dass die Situation mit ihrem Hund eskalieren wird.

Wann immer also jemand der Bitte zum Abrufen oder Anleinen nicht nachkommt, stehen sie Ängste aus.

Läufigkeit

„Rufen Sie Ihren Hund weg! Meine ist …“, weiter komme ich mal wieder nicht, bevor „Meiner tuuuuuut nix!“ ertönt.

„Meine ist LÄUFIG!“ setze ich nach.

„Warum sagen sie das denn nicht???!!!“ geifert mir die Frau entgegen, die nun hektisch ihren Hund einfängt. „Und warum sind Sie dann überhaupt draußen???!!!“

Nun ja. Erstens, kam ich vor lauter Tutnix-Bekundung nicht so weit. Zweitens müssen auch läufige Hündinnen vollkommen überraschend pinkeln, Kot absetzen und sich gelegentlich die Beine vertreten. Blase und Darm müssen sie während dieser Zeit sogar meist öfter leeren.

Und Drittens stehe ich gerade nicht auf der Hundewiese, sondern 100 Meter vor meinem Haus. Wo Leinenpflicht herrscht. Viertens habe ich sehr wohl gewarnt.

Verletzungen und chirurgische Eingriffe

Verletzungen und OP-Nähte sind nicht immer offensichtlich. Dennoch brauchen Hunde in dieser Zeit Schutz und Ruhe. Beides wird deutlich schwieriger, wenn ein Tut nix in den genesenden Hund reinbrettert – oder ihn durch das Unterschreiten der Individualdistanz stresst.

Gleiches gilt bei Krankheiten, die ebenfalls nach außen bei weitem nicht immer sichtbar sind.

Schlechte Erfahrungen

Du siehst einen Hund auf dem Landweg oder im Park. Du bist dir sicher, dein Hund tut nichts. Aber weißt du auch, welche Erfahrungen das fremde Hund- und Halter-Team bereits sammeln musste?

Ja, vielleicht nicht mit deinem Vierbeiner. Und nein, bestimmt kannst du nichts dafür. Aber du kannst ganz effektiv vermeiden, dass du zu einer weiteren nervigen oder negativen Erfahrung wirst. Dazu musst du nur ein wenig Rücksicht nehmen.

Meiner tut aber was!

Immer, wenn Tutnixe auf andere Hunde zu rennen, frage ich mich: Wie wenig hängen die Tutnix-Halter eigentlich an ihren Vierbeinern? Schließlich wissen sie nie so genau, ob der andere ebenfalls ein Tutnix ist.

Aber dann fällt mir wieder ein, dass es hier eine grandiose Doppelmoral gibt. Tutnixe dürfen und müssen sogar ganz dringend anderen Hunden hallo sagen – solange die anderen Hunde kleiner sind und harmlos wirken.

Mit großen, dunklem oder auf andere Weise bedrohlich wirkendem Hund an der Leine muss ich erst gar nicht darauf hinweisen, dass andere ihre Sofawölfe anleinen sollen. „Meiner tuuuuuut nix!“, bekomme ich ebenfalls nicht zu hören.

Das passiert immer nur dann, wenn meine Hunde unterlegen wären, falls doch etwas passiert. Bei allen anderen ist es plötzlich gar nicht mehr relevant, dass der laufen gelassen Hund ein Tutnix ist.

Was Tutnixe anrichten (können)

Sobald jemand um das Anleinen bittet und „Meiner tuuuut nix!“ als rücksichtslose und sinnbefreite Antwort erhält, hat der Tutnix oder besser gesagt sein Halter bereits etwas angerichtet.

Denn der Hund ist dann schon so nah am anderen dran, dass Angst und Stress bestehen.

Er kann zusätzlich:

  • das Training stören oder Trainingserfolge zunichtemachen
  • kranke, verletzte oder anderweitig eingeschränkte Tiere bedrängen und ängstigen
  • den Hundehass in der Gesellschaft erhöhen
  • Traumata triggern oder verstärken

Wann immer du also behaupten möchtest „Der tut nix!“, mach dir bewusst, dass du mit deiner Weigerung deinen Hund ranzurufen oder anzuleinen gerade eine Menge anrichtest. Das Problem beginnt nicht erst bei einem Biss.

Wenn aus „Der tut nix“ „das hat er ja noch nie gemacht“ wird

Würde ich jedes Mal einen Euro bekommen, wenn auf „Der tut nix“ ein erschrecktes „Das hat er ja noch nie gemacht“ folgt, ich könnte davon so unheimlich viele Hundeleckerlies kaufen.

Denn wer die Bitte zum Anleinen oder zum Abrufen des eigenen Hundes von anderen in den Wind schlägt und „Meiner tut nix“ für eine adäquate Antwort hält, denkt in der Regel nicht sonderlich weit. Mit dem Lesen anderer Lebewesen ist es meist ebenfalls nicht gut bestellt.

Für mich ist „Der tut nix“ daher mittlerweile eine eindeutige Warnung vor Hund und Halter. Denn der Halter ist sich noch nicht einmal bewusst, dass die Situation sehr schnell kippen kann.

Oder es ist ihm zumindest egal, wenn meine Hunde aufgrund ihrer geringen Größe den Kürzeren ziehen.  

Dein Hund tut doch was – du merkst es nur nicht

Wirst du um das Heranrufen oder Anleinen deines Hundes gebeten und reagierst darauf mit „Der tut nix!“? Du beruhigst damit niemanden. Im Gegenteil.

Versuch, die Perspektive zu wechseln. Stell dir vor, es gäbe gute Gründe dafür, dass kein fremder Hund an deine Fellnase herankommen soll. Aber statt auf deine Bitte zu reagieren, wirst du mit „Meiner tut nix“ abgespeist und ein anderer Hund zu deinem Problem gemacht.

Warst du einmal selbst in der Situation, wird sich deine Sicht darauf sehr schnell ändern.

Antworten

  1. Avatar von kchris08

    „Aber meiner“ habe ich schon hundert Mal gesagt. Aber das interessiert anscheinend wirklich nur Wenige.

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    1. Avatar von JeM

      Immer wieder schön, oder? Es ist auch der Wahnsinn, wie sehr die Wirkung des Hundes bestimmt. Bin ich mit dem liebsten Riesenhund der Welt unterwegs, wird nie ein fremder Hund hingelassen. Die werden alle ganz schnell eingesammelt. Dabei würde sich der liebste Riesenhund der Welt tatsächlich darüber freuen, wenn jemand Hallo sagen kommt.

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      1. Avatar von kchris08

        Dann haben Deine „Nachbarn“ noch einen Rest von Überlebensdrang, ich war mit meinem Beauceron unterwegs, dessen Kopf oft größer war, als der nur spielenden Kläffer.

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      2. Avatar von JeM

        Der größte Feind des Hundehalters: Andere Hundehalter!
        Hast du für dich ein wirksames Gegenmittel gefunden? Trotz deiner suizidalen „Nachbarn“?

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