Das macht er doch mit Absicht!

Das macht er doch mit Absicht! Der tanzt mir auf der Nase herum! Der weiß ganz genau, dass er… Kommen dir diese Aussagen bekannt vor? Hunden werden schnell böse Absichten unterstellt. Aber wollen sie uns wirklich ärgern? Oder liegt hier ein Missverständnis vor?

  1. Das macht er doch mit Absicht! Wenn Hunde nicht hören
    1. Dein Hund hat das Kommando nicht verstanden
    2. Dein Hund bewertet die Lage anders
    3. Andere Reize oder Bedürfnisse sind stärker
    4. Falsche Verknüpfungen
    5. Das Kommando geht an den Bedürfnissen des Hundes vorbei
  2. Der weiß das ganz genau! Ändere deine Perspektive
    1. Warum sollte dich dein Hund ärgern wollen?

Das macht er doch mit Absicht! Wenn Hunde nicht hören

Ungefähr 10.000 Mal hatte ich den Abruf geübt. Ob uns ein Pferd über den Weg lief, eine Menschengruppe oder ein anderer Hund – mein Vierbeiner hörte auf mich. Bis zu diesem Tag, an dem er genau das eben nicht tat und stattdessen unbeirrt einer Spur folgte.

„Das macht er doch, um mich zu ärgern!“, dachte ich erbost. „Der weiß das ganz genau!“

Ja, natürlich wusste er sehr genau, was er bei meinem Ruf zu tun hatte. Immerhin hatte er das 10.000 Mal zuvor getan. Aber wollte er mich damit wirklich ärgern? Und wenn ja: Warum?

Schauen wir uns die Gründe und Faktoren also einmal genauer an:

Dein Hund hat das Kommando nicht verstanden

Sitz, komm da weg, lass den Scheiß, ich zähle bis drei – uns Menschen ist meistens vollkommen klar, was wir mit unseren Ansagen bezwecken. Das bedeutet allerdings nicht, dass es bei den Hunden auch so ankommt.

Hört dein Hund nicht auf ein Kommando, das er eigentlich kennt? Vermittelst du gerade etwas anderes, als du eigentlich willst, oder machst es deinem Vierbeiner unbewusst schwer? Das kann zum Beispiel bedeuten „Komm“ zu sagen und auf deinen Hund zuzulaufen. Auch eine ärgerliche, bedrohliche Stimme ist nicht unbedingt einladend.

Kontrollier dein Verhalten und pass es an. Oftmals ist das Problem darin zu finden, dass wir auf unsere Hunde widersprüchlich oder unverständlich wirken. Das Kommando also tatsächlich einfach nicht verstanden wird.

Dein Hund bewertet die Lage anders

Auf meinen Gassirunden treffe ich wieder und wieder eine Frau mit ihrem Terrier. Der Terrier ist unter anderen Hunden vieles, aber nicht beliebt. Dementsprechend begegnen sie ihm abwehrend bis offensiv.

Jede einzelne Hundebegegnung verläuft wie folgt:

Die Frau und der Terrier nähern sich. Der Fremdhund fixiert oder bereitet sich auf einen Tobsuchtsanfall vor. Der Terrier ist meist schneller, bellt sich die Birne ab und hängt in der Leine. Seine Halterin versucht jedes Mal aufs Neue und jedes Mal vergeblich, ihn ins Sitz zu bewegen.

Versetz dich in den Terrier. Ein anderer Hund ist nur wenige Meter von ihm entfernt und will ihm ans Leder. Er wird von anderen Vierbeinern ständig fixiert und angepöbelt.

Jetzt sind Terrier im Allgemeinen nicht für ihre ruhige, entspannte, deeskalierende Art bekannt. Sondern eher dafür, dass es Dickschädel sind, die sich nichts bieten lassen.

Während sein Frauchen also der Meinung ist, dass nichts passieren wird und er sich doch einfach mal entspannen soll, fasst er die Situation vollkommen anders auf. Er würde den anderen Hunden nur zu gerne eine auf den Deckel geben, um endlich die Fronten zu klären.

Das Kommando zum stillen Sitzen ist hier zwar nett gemeint, für den Terrier jedoch vollkommen widersinnig. Zusätzlich ist er in diesen adrenalingeladenen Momenten nicht aufnahmefähig. Das Training müsste daher vollkommen anders ausfallen.

Andere Reize oder Bedürfnisse sind stärker

Gerade eben hat dein Hund noch supertoll gehört, plötzlich sieht er ein Reh/Kaninchen/Auto und die Ohren stehen auf Durchzug?

Ob Sofawölfe gerade einer Spur folgen, einen Artgenossen sehen oder Aas wittern, in dem sie sich wälzen können – manche Ablenkungen bringen sie einfach in einen Tunnel. Sie haben dann nicht mehr die Kapazitäten, um auf ein Kommando zu hören.

Hierbei kann bloße Aufregung reichen. Vergisst dein Hund beispielsweise bei Begrüßungen seine gute Erziehung? Auch damit will er dich nicht ärgern. Ihm geht einfach die Selbstbeherrschung verloren.

Falsche Verknüpfungen

Mein ausgesprochen alberner Hund kann alle Leckerlies dieser Welt liegen lassen. Die beste Belohnung für ihn ist es, wenn wir gemeinsam rennen, uns abwechselnd jagen oder einfach herumblödeln. Er bringt mich gerne zum Lachen und wird dabei durchaus kreativ.

Da er auf alle Leckerlies dankend verzichtet, blieb mir beim Training also nur eins: Genau das zu machen, was er liebt. Was auch wunderbar funktionierte.

Bis ich eines Tages rief und er wie immer angerannt kam. Nur, um ein paar Meter vor mir stehen zu bleiben, mich zur Jagd aufzufordern und wieder davon zu rennen. Großartig. Dabei wusste er ganz genau!

Tatsächlich war es einzig und allein meine Schuld, dass er bei dem Abruf schon von Spielen und Rennen ausging.

Schau auch bei dir hin, wo falsche Verknüpfungen zustande gekommen sind. Der neue Aufbau von Kommandos lohnt sich in diesen Fällen und erspart dir jede Menge Ärger.

Das Kommando geht an den Bedürfnissen des Hundes vorbei

Eine Bekannte wollte seit langer Zeit einen Hund. Ihr Partner war dagegen. Schließlich fanden sie einen „Kompromiss“. Sie durfte sich einen Hund anschaffen, dafür durfte der Hund nicht auf die Couch, nicht ins Bett, nicht ins Bad, nicht in die Küche und überhaupt durfte er am besten das im hinterletzten Eck stehende Hundebett nicht verlassen.

Der Hund hatte keine Ahnung von den häufigen Problemen, die entstehen, wenn Paare sich Hunde anschaffen. Dafür hatte er ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Nähe. Was er bekam, waren zig Kommandos pro Tag, auf Distanz zu bleiben.

Kannst du dir denken, was passierte? Der Hund nutzte jede Gelegenheit, sich anzuschleichen und näher an den Menschen zu sein.

Obwohl dieser Hund wirklich alles richtig machen wollte und sofort darauf hörte, wenn er „erwischt“ und ermahnt wurde, gab er die Hoffnung nicht auf. Ärgern wollte er dadurch mit Sicherheit niemanden. Er hatte lediglich ein starkes Bedürfnis.

Der weiß das ganz genau! Ändere deine Perspektive

Dein Hund kann sehr genau wissen, was ein Kommando bedeutet, es aber dennoch in einem Moment nicht umsetzen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Eventuell ist er abgelenkt, beurteilt eine Situation vollkommen anders, hat etwas falsch verknüpft oder er ist sich einer Gefahr nicht bewusst.

Dennoch fassen es sehr viele Menschen als persönlichen Affront auf, wenn der Hund nicht hört oder sich nicht an eine Regel hält.

Daher solltest du dir unbedingt eine Frage stellen:

Warum sollte dich dein Hund ärgern wollen?

Bei einem Gespräch über Hunde und Erziehung geriet ich einmal an eine Frau, die zuerst Schäferhunde und später Dackel hielt. Wann auch immer einer ihrer Hunde irgendwas etwas tat, das ihr nicht gefiel, regte sie sich fürchterlich auf.

Dazu gehörte unter anderem auch, dass ihr aktueller Vierbeiner sein Trockenfutter nicht aß und immer dann rausmusste, wenn sie sich hinsetzte.

„Das macht er mit Absicht!“

„Ich lasse mir nicht auf der Nase herumtanzen!“

„ICH bestimme, was es zu essen gibt!“

„ICH bestimme, wann es rausgeht!“

„ICH lasse mich doch nicht kontrollieren!“

„Er macht das nur, um mich zu ärgern!“

Gleichzeitig behauptete sie, sie würde ihren Hund lieben und ihr Hund sie. Das machte mich neugierig. Denn sie war der festen Überzeugung, ihr Dackel würde sie kontrollieren, dominieren und ihr auf der Nase herumtanzen wollen. Und ihr Ziel war es, ihn zu brechen.

Nach Liebe klang dabei nichts.

Also fragte ich nach, warum sie das dachte. Warum wollte ihr Hund sie ärgern? Was hatte er davon? Obwohl sie dafür keinen einzigen Grund nennen konnte, beharrte sie darauf, dass ihr Dackel die manipulative und Ausgeburt des Bösen war und sie sich keinesfalls etwas von ihm bieten ließ.

Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass ihr Hund das Trockenfutter nicht anrührte, weil er es nicht vertrug. Nicht etwa, um sein Frauchen zu ärgern.

Es stellte sich auch heraus, dass ihr Hund „ausgerechnet“ immer dann raus wollte, sobald sie sich setzte – weil er sich vorher nicht traute, an die Tür zu gehen. Tatsächlich wartete er also darauf, bis er an der Reihe seien konnte und hielt extra für sie ein.

Ja, ich habe zur Verdeutlichung ein extremes Beispiel gewählt. Die Frage bleibt aber trotzdem bestehen und du solltest sie dir immer dann stellen, wenn du glaubst dein Hund macht dir etwas zum Trotz.

Warum sollte dein Hund dich ärgern wollen?

Er ist in jedweder Hinsicht von dir abhängig. Du entscheidest ob und wann es rausgeht, wo es langgeht, wie er sich verhalten soll, wo er liegen, was und wann er fressen darf. Er kann sich nicht mal eben einen neuen Halter suchen und er will auch nicht die Weltherrschaft an sich reißen.

Aus welchem Grund sollte er also ausgerechnet dich gegen sich aufbringen? Was hat er davon? Außer reichlich Nachteile?

Diese Unterstellungen böser Absichten und der Machtkampf zwischen Hund und Halter ist bei genauerer Betrachtung reichlich unlogisch und findet oft genug nur in den Köpfen der Menschen statt.

Antworten

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