Mit Sicherheit hast du bereits davon gehört und gelesen: Dein Hund kontrolliert dich! Dein Hund stalkt dich! Du musst unbedingt Deckentraining durchführen! Und das alles nur, weil dein Hund dir hinterherläuft. Warum das keine Kontrolle ist und wie du trotzdem mehr Entspannung mit deinem Hund kreierst, erfährst du hier.
- Mein Hund läuft mir ständig hinterher
- Warum dein Hund dich nicht „stalkt“
- Dein Hund kontrolliert dich nicht, oder?
- Warum Deckentraining nur bedingt sinnvoll ist
- Mein Hund läuft mir hinterher – ist das ein Problem?
Mein Hund läuft mir ständig hinterher
Es gibt zahlreiche Gründe dafür, dass dein Hund dir ständig hinterherläuft. Gerade bei Welpen und neuen Hunden ist der Drang dazu am Anfang sehr stark. In den wenigsten Fällen steckt dahinter ein wirkliches Problem.
Bist du dir unsicher, ob dein Hund dadurch gestresst ist und du etwas unternehmen musst? Oder befürchtest du, dass dich dein Hund kontrolliert? Dann bringen wir Licht ins Dunkel und schauen uns die verschiedenen Gründe einmal genauer an.
Hinterlaufen ist instinktiv
Hundezucht hat dazu geführt, dass manche Rassen kurze Beine haben. Andere erreichen erschreckende Höhen. Manche haben kaum oder gar kein Fell. Andere ersticken regelrecht an Fellmassen und Hautfalten.
So vielseitig die Rassen aber auch sind, bei allen scheinen mehr oder weniger die ursprünglichen Instinkte durch.
Dazu gehört es ebenfalls, als Rudel zusammenzubleiben.
Bricht das Rudel auf, sagt keiner ohne guten Grund: „Och nö. Lass mal. Geht ihr ruhig los. Ich bleib heute lieber zu Hause.“ Denn allein zu sein, macht angreifbar.
Jetzt reden wir natürlich von Hunden und nicht von Wölfen. Das Bedürfnis, zusammenzubleiben und im Verbund sicherer zu sein, ist dennoch in unseren Sofawölfen vorhanden.
Dein Hund verfolgt dich aus Kontrollzwang? Fehlanzeige!
Suche nach Nähe und Sicherheit
Das Hinterherlaufen in der Wohnung oder im Haus kann ein Zeichen dafür sein, dass sich dein Hund ohne dich unsicher fühlt.
Auch hier wieder: Dein Hund will dich durch das Verfolgen kontrollieren? Mit Sicherheit nicht!
Er hat ohne dich Angst.
Das ist allerdings ebenso wenig ein Anzeichen für Liebe und schon gar nicht gesund. Du musst in diesen Fällen Wege finden, um deinem Hund auch ohne deine direkte Anwesenheit Sicherheit zu vermitteln. Wie das funktioniert, erfährst du demnächst im Artikel „15 Tipps – Wie gebe ich meinem Hund Sicherheit?“.
Antrainiertes Hinterherlaufen
Übst du im Freien Rückruf oder Abruf mit deinem Hund? Willst du, dass er sich draußen nicht zu weit entfernt? Dass er sich auf dich fokussiert und sofort kommt, wenn du ein Geräusch machst, rufst oder die Richtung wechselst?
Belohnst du deinen Hund beim Gassigehen dafür, dass er zu dir kommt und dir folgt? Übst du bei Fuß gehen? Setzt du eine Leine dazu ein, dass dein Hund und du dich nie zu weit voneinander entfernen?
Betrachte das kurz aus Hundesicht:
- dein Hund soll trotz Ablenkungen immer in deiner Nähe bleiben
- er wird dafür belohnt, wenn er dir folgt
- du kettest euch wortwörtlich aneinander und hinderst deine Fellnase daran, sich zu weit von dir zu entfernen
Drinnen soll er dann aber ohne Sichtkontakt in der hinterletzten Ecke liegen bleiben, egal was du machst und egal, ob du die Wohnung verlässt.
Ich sage nicht, dass Hunde den Unterschied nicht lernen (können). Aber es ist durchaus eine Herausforderung, für deinen Hund, draußen und drinnen in dieser Hinsicht zu unterscheiden. Dafür braucht es Zeit, Geduld, Wiederholungen und Sicherheit.
Im ersten Moment ist es für Hunde jedoch ein krasser Widerspruch, draußen für das permanente Folgen belohnt zu werden und drinnen dafür Schellte zu bekommen. Denn die Umgebung ist für deinen Vierbeiner erst einmal zweitrangig.
Und – ich wiederhole mich ganz absichtlich – klingt das für dich nach Kontrolle durch deinen Hund? Oder eher nach dem Willen, dir zu gefallen?
Das Folgen lohnt sich für deinen Hund
Ob du im Homeoffice arbeitest oder außer Haus: Mit Sicherheit steht dein Hund nicht 24 Stunden, 7 Tage die Woche im Mittelpunkt. Das sollte er auch nicht, denn der permanente Platz im Rampenlicht ist ungesund und anstrengend.
Bist du allerdings einen Gutteil des Tages nicht greifbar, abgelenkt oder schickst deinen Hund immer wieder weg? Dann nutzt deine Fellnase vielleicht einfach die Momente, in denen du potenziell Zeit für sie hast. Und ja, das kann eben ausgerechnet dein Gang auf die Toilette sein oder wenn du telefonierst.
Beobachte dich selbst. Stehst du seit Stunden zum ersten Mal vom Schreibtisch auf? Widmest du deinem Hund generell Aufmerksamkeit, wenn du dich in der Wohnung bewegst? Das kann von einfacher Ansprache über kurzes Streicheln bis hin zu Spielrunden reichen.
Das bedeutet nicht, dass du deinen Hund durchgängig ignorieren sollst. Machst du dir aber bewusst, dass deine Fellnase einfach deine Pausen oder deine Anwesenheit nutzt, beschränkt sich das vermeintliche „Verfolgen“ meist auf wenige Momente oder Minuten pro Tag und ist damit direkt weniger gravierend. Dafür aber deutlich verständlicher.
Unklare Zeichen und Erwartungshaltungen
Lass mich dir eine kleine Geschichte erzählen: Eine Freundin von mir war einmal vollkommen ratlos, weil zwei ihrer vier Hunde immer aufsprangen, wenn sie aufstand. Die älteren beiden blieben hingegen liegen und reagierten erst nach mehrfacher Ansprache.
An ihr konnte es also nicht liegen! Oder?
Doch! Zumindest zum Teil. Ihre beiden älteren Hunde hatten sich bereits daran gewöhnt, dass sie energetisch und schwungvoll aufstand, schnell durch die Gegend lief und dabei laut redete. Sie waren davon „abgestumpft“ und blendeten sie aus. Daher reagierten sie auch verzögert auf direkte Ansprachen.
Die beiden jüngeren und neu dazu gezogenen Hunde verstanden ihr Aufstehen hingegen als Aufbruch für alle und hingen ihr sofort an den Hacken. Dabei war es egal, ob sie lediglich auf Toilette ging oder sie tatsächlich auf eine Gassirunde einlud. Ihre Laustärke und ihre Energie waren immer gleich, also reagierten die Hunde auch immer gleich.
Die Moral von der Geschicht? Achte auf dich!
Wie fällt deine Körpersprache aus? Bewegst du dich besonders mitreißend? Lädst du deinen Hund zum Folgen ein, ohne es zu bemerken? Klopfst du dir beispielsweise auf den Oberschenkel, wenn du aufstehst und wenn du deinen Hund rufst?
Dein eigenes Verhalten unter die Lupe zu nehmen, ist schwierig. Denn alltägliche Handlungen und Bewegungen sind uns oftmals nicht bewusst. Es hilft, sich selbst zu filmen.
Soforthilfe
Deinem Hund hilft es wiederum, wenn du klare Signale sendest. Und zwar bevor oder während des Aufstehens.
Möchtest du, dass dein Vierbeiner dir folgt? Sprich ihn an und steh erst dann auf. Hierdurch lernt dein Hund, dass du ihm Bescheid gibst, wenn du etwas von ihm möchtest.
Soll er dir hingegen nicht folgen, trainier das Kommando „bleib“. Schaut dich dein Hund an, während du aufstehst und will gleich mit aufstehen? Gib ihm das Kommando „Bleib!“. Das ist einfacher als ihn erst hinterherlaufen zu lassen und dann zurückzuschicken (und schont deine Nerven!).
Dein Hund lernt zudem leichter, wann er dran ist und wann nicht.
Warum dein Hund dich nicht „stalkt“
Neben dem Unsinn der Kontrolle wird neuerdings auch das Wort „Stalking“ für hinterherlaufende Hunde verwendet.
Ich finde das furchtbar. Opfer wirklichen Stalkings leiden erheblich, trauen sich in vielen Fällen kaum aus dem Haus. Sie werden meist nicht nur beobachtet, sondern auch bedroht und fühlen sich kaum mehr sicher. Den Begriff für das Folgen eines Hundes zu verwenden, ist unpassend und verwässert ihn.
Zudem hat es mit dem Verhalten deines Hundes gar nichts zu tun. Es unterstellt ihm aber eine abartige Absicht, wodurch Menschen das simple Mitlaufen als Problem sehen – selbst, wenn es gar keines ist.
Dein Hund kontrolliert dich nicht, oder?
Hunde können Menschen durchaus kontrollieren. Dazu gehört jedoch mehr als einfaches Hinterherlaufen. Die folgenden Fragen helfen dir dabei, den Unterschied zu erkennen:
- Hält dich dein Hund von irgendetwas ab? Lässt er dich zum Beispiel nicht auf Toilette gehen oder versperrt er dir den Weg und wird aggressiv, wenn du die Wohnung verlassen willst?
- Drängt oder zieht er dich in Richtungen? Darfst du zum Beispiel das Wohnzimmer nicht verlassen, wenn der Rest der Familie gerade dort ist?
- Rempelt dein Hund dich mit Wucht an, knurrt er dich an oder zwickt dich?
- Lässt sich dein Hund von dir nicht wegschicken, wenn du zum Beispiel allein und in Ruhe etwas machen möchtest?
- Unterbricht er deine Tätigkeiten, hält dich davon ab oder drängelt er sich zwischen dich und andere Menschen?
Nein? Dann kontrolliert er dich auch nicht. Manche Hunde neigen dazu stärker als andere. Dich zwicken, bedrängen und in eine Richtung lenken oder die „Herde“ zusammenhalten ist unter anderem typisch für Hütehunde und ein tatsächliches Problem, wenn der Vierbeiner das Verhalten anstatt am Vieh, an der menschlichen Familie einsetzt.
Auch, wenn dein Hund dich als so hilflos einschätzt, dass du nicht mehr über deinen Besuch bestimmen darfst oder darüber, wer dir nahekommt und dich berührt, ist dringend eine Änderung nötig.
Warum Deckentraining nur bedingt sinnvoll ist
Deckentraining hat für einige Menschen durchaus Vorteile. Im Büro ist es ebenso praktisch wie im Freisitz des Restaurants und in Haushalten mit Kindern, die lernen, dass das Hundebett tabu ist.
Zusätzlich kann ein „auf die Decke“ oder „ab ins Körbchen“ oder aber ein einfaches „Ab!“ deine Nerven schonen, wenn dein Hund ständig vor, hinter, neben oder zwischen deinen Füßen steht und dich damit behindert oder sogar eine Sturzgefahr darstellt.
Ein Irrglaube ist es jedoch, dass dein Hund sich durch ständiges ins Körbchen schicken entspannt. Dieser Fall kann zwar eintreten, erfordert aber mehr als einfaches Wegschicken. In erster Linie handelt es sich dabei um eine Bleib-Übung, die auf Dauer ausgesprochen anstrengend für deinen Hund sein kann.
Außerdem werden dabei keine Bedürfnisse befriedigt. Folgt dir dein Hund, weil er allein noch unsicher ist? An dem Sicherheitsgefühl zu arbeiten ist unerlässlich, das entsteht nicht dadurch, dass der Vierbeiner ins Hundebett geschickt wird.
Ist dein Hund nicht ausgelastet und chronisch unterfordert? Hofft er deswegen ständig darauf, dass das Hinterherlaufen zu Action führt? Auch dieses Bedürfnis wird nicht dadurch erfüllt, dass er auf einer Decke liegt.
Betrachte also immer das Gesamtbild, um die passende Lösung zu finden. Deckentraining allein reicht dafür nicht aus.
Mein Hund läuft mir hinterher – ist das ein Problem?
Läuft dein Hund dir ständig in der Wohnung hinterher, kann das die Nerven strapazieren. Vielleicht hast du auch den Eindruck, dass dein Vierbeiner etwas von dir erwartet und hast deswegen ein schlechtes Gewissen oder bist ratlos.
Oder deine Fellnase erwartet tatsächlich etwas und du hast entweder keine Ahnung was oder aktuell keine Zeit dafür. Das permanente Folgen ist aber nicht nur ein potenzielles Problem für den Menschen. Einfühlsame Halter sorgen sich oftmals darum, ob ihr Hund gestresst ist und zu wenig Ruhe erhält.
Die folgenden Fragen helfen dir dabei, das festzustellen:
- Folgt er dir sehr nah oder behält er den Überblick?: Ob dein Hund dringend mit unter die Dusche, aufs WC und beim Gießen der Zimmerpflanzen auf Schritt und Tritt folgen muss oder ob er einfach damit zufrieden ist, sich in Sicht- und Hörweite aufzuhalten, ist ein bedeutender Unterschied. Für den Fall der Fälle in Sicht- und Hörweite zu bleiben, ist deutlich entspannter. 24 Stunden, 7 Tage die Woche wortwörtlich an dir zu kleben, weist dagegen auf erheblichen Stress hin.
- Schläft dein Hund in der Nacht?: Ausreichend Schlaf ist für Menschen und Hunde wichtig. Häufig über- oder unterschätzen Halter den Schlafbedarf ihrer Hunde jedoch. Schläft dein Sofawolf in der Nacht tief und fest und döst oder ruht mehrfach täglich? 12 bis 14 Stunden Schlafen und Dösen pro Tag reichen für einen Erwachsenen Hund in der Regel vollkommen aus. Da die wenigsten Menschen mehr als 12 Stunden am Tag mit ihrem Hund auf den Fersen herumlaufen, ist die Sorge oft unbegründet.
- Wie oft steht dein Hund wirklich auf?: Wer sich wegen etwas sorgt oder davon genervt ist, empfindet es als intensiver und meist als häufiger. Führ eine Strichliste oder notier Zeiten und Grund. Das Ergebnis ist oft überraschend. Denn selbst wenn dein Hund dir „ständig hinterherläuft“ bedeutet das in manchen Fällen erstaunlich lange Ruhezeiten dazwischen und erzeugt dadurch weder Schlafmangel noch Stress.
- Lässt sich dein Hund wegschicken?: Begreift er, dass er gerade nicht dran ist, lohnt sich das Folgen nur für seine Sicherheit. Lässt er sich leicht wegschicken oder mit einer Beschäftigung ablenken, fällt der Stress geringer aus. Gut geeignet sind in etwa gefüllte (und gefrorene) Kongs, Schleckmatten, Schnüffelteppiche, Kaukram oder Intelligenzspielzeuge.
- Ruht dein Hund neben dir?: Ruht, döst oder schläft dein Hund entspannt neben dir? Oder starrt er dich unentwegt an, springt beim kleinsten Geräusch auf und verfolgt jede deiner Bewegungen? Letzteres ist ein Problem, bei dem zunächst Ursachenforschung ansteht.

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