Einen Hund satt zu füttern kann sehr einfach oder eine Herausforderung sein. Zusätzlich ranken sich viele Mythen und Irrglauben rund um die Sättigung von Hunden. Zeit, um mit dem oft verbreiteten Blödsinn aufzuräumen und uns die Fakten anzuschauen.
- Hund satt füttern, nicht fettfüttern!
- Vorteile eines satten Hundes
- Satte, schlanke Hunde – so geht’s
- Die Ausnahmen: Hunde ohne Sättigungsgefühl
Hund satt füttern, nicht fettfüttern!
„Würde ich meinen Hund satt füttern, könnte ich ihn rollen!“ so oder ähnlich begründen viele, dass ihr Hund hungrig vom Futternapf weggeht. Dahinter stecken einige Mythen, die zu unnötigem Stress führen und die Befürchtung erwecken, ausgefütterte und satte Hunde wären automatisch übergewichtig.
Ich möchte hier ganz ausdrücklich nicht befürworten, Hunde ins Übergewicht zu füttern!
Denn Übergewicht bringt bei Hunden die gleichen gesundheitlichen Risiken mit sich wie bei Menschen. Bewegungsapparat, Herz-Kreislauf-System, Hormone – zu viele Pfunde sind eine immense Belastung für den ganzen Körper. Sie erhöhen zudem die Gefahren ernsthafter Erkrankungen.
Doch das Prinzip eines satten und schlanken Hundes funktioniert in den allermeisten Fällen problemlos, wenn du dabei auf einige Punkte achtest.
Räumen wir also mit den falschen Vorstellungen auf, damit dein Hund satt, zufrieden und schlank zugleich ist. Zunächst werfen wir aber einen Blick darauf, warum sich das Sattfüttern lohnt.
Vorteile eines satten Hundes
„Mein Hund ist immer verfressen!“
„Mein Hund ist draußen ein Staubsauger!“
„Ich kann nichts stehen lassen!“
„Sogar nach dem Fressen sucht mein Hund Futter!“
„Er würde auch noch die Schüssel mitfressen!“
Kommt dir irgendwas davon bekannt vor? Hätte ich andauernd Hunger, wäre ich wohl auch ständig auf der Suche und würde jede Gelegenheit nutzen, an Essbares zu kommen. Es ist also alles andere als überraschend, wenn du die Portionsgrößen deines Hundes klein hältst und er aus Hunger so ziemlich alles frisst, was er findet.
Kann sich dein Hund hingegen zu Hause satt essen, verschwinden dadurch einige Probleme und eine ganze Reihe an Vorteilen kommt hinzu.
Vorteil 1: Dein Hund wird zufriedener und ruhiger
Kennst du das Gefühl, satt, zufrieden und müde zu sein? Entspannt einzuschlafen?
Und kennst du das Gefühl, derartig großen Hunger zu haben, dass du deinen Einkaufswagen bis zum Überquellen füllst? Dass du dabei genervt und gereizt bist, bis du endlich etwas zu essen bekommst?
Leider halten viele Menschen ihre Hunde in dem genervten und gereizten Status und nehmen dabei in Kauf, dass der Vierbeiner ständig auf der Futtersuche ist. Nur, um gleichzeitig von der ständigen Futtersuche genervt zu sein.
Wenn dein Sofawolf wirklich entspannt ruhen und schlafen soll, füttere ihn satt. Sobald er einen vollen Magen hat – und das als tägliche Gewohnheit – sind Gänge in die Küche nicht mehr allzu interessant. Das Menschenessen auf dem Tisch ist weniger verlockend. Dafür wird der Verdauungsschlaf in der Regel länger und tiefer.
Vorteil 2: Ungenießbares verliert an Attraktivität
„Mein Hund ist draußen ein Staubsauger!“
Ja, natürlich. Wer zu Hause nicht satt zu essen bekommt, sucht eben im Freien. Ob es sich dabei um volle Windeln, Kot oder Kadaver handelt – hungrige Hunde sind nicht wählerisch.
Ausgefütterte Hunde sind hingegen weitaus weniger empfänglich für vermeintlich verlockenden Unrat. Denn: Zu Hause gibt es erstens mehr und zweitens besseres Futter. Drittens ist das Bedürfnis, alles Mögliche zu verschlingen, gar nicht gegeben.
Vorteil 3: Futter ist keine Ressource mehr
Noch immer üben manche Menschen aufwendig, dass sie jederzeit den Futternapf ihres Hundes wegnehmen können, ohne einen Biss zu riskieren. Dass sich ein Hund jederzeit alles wegnehmen lässt, ist schließlich wichtig.
ABER: Hunde, denen immer wieder das Futter streitig gemacht wird und die ohnehin nur kleine Portionen bekommen, lernen dabei etwas ganz anderes. Sie werden dabei darauf konditioniert, so schnell wie möglich, so viel wie möglich runterzuschlingen, bevor sich wieder jemand an ihrer Mahlzeit vergreift.
Mal ganz abgesehen von anhaltendem Stress bei jeder Fütterung, weckt das Aggressionen. Unter anderem aus diesem Grund ist es für viele schwierig, neben anderen Hunden zu fressen. Sie befürchten ständige Übergriffe und betrachten Fressen als eine sehr knapp begrenzte Ressource, die sie für ihr Überleben schützen müssen.
Komplett anders verhält es sich bei Hunden, die sich gewohnheitsmäßig und in Ruhe satt essen können. Futter ist für sie kein Stressfaktor mehr. Sie müssen es nicht schützen, sie bekommen bei Bedarf einfach mehr.
Vorteil 4: Fressen an den Bedarf angepasst
Lange Wanderungen, niedrige Temperaturen, anstrengendes Training, Stress und Aufregung – es gibt Zeiten, in denen der Organismus mehr Energie verbraucht. In diesen ist der Hunger größer. Ebenso gibt es ruhige Phasen, in denen weniger Kalorien verbraucht werden und der Hunger gering ausfällt.
Hältst du deinen Hund dauerhaft nach dem Prinzip des Sattfütterns, reguliert er seinen Bedarf und Hunger von selbst.
Damit fällt für dich die Kontrolle der Portionen weg. Sollte dein Vierbeiner zu dünn oder zu dick werden, musst du selbstverständlich reagieren. Nach einer Anlaufphase funktioniert die hundeeigene Regulierung der Futtermenge allerdings bei den meisten sehr gut.
Satte, schlanke Hunde – so geht’s
Du fütterst entspannter, dein Hund frisst entspannter, wird ruhiger und spart sich die Futtersuche. So weit, so gut. Aber wie funktioniert das Sattfüttern denn nun, ohne Übergewicht zu riskieren?
Die folgenden Regeln zeigen es.
Regel 1: Viel Futter sind nicht gleich viele Kalorien
Viele Menschen begehen den Fehler, viel Futter mit vielen Kalorien gleichzusetzen. Aber das muss nicht der Fall sein, wie das folgende Beispiel zeigt:
1 kg Lasagne ohne Extra-Käse und besondere Zusätze schlägt mit etwa 1.400 Kilokalorien zu Buche.
Für den durchschnittlichen erwachsenen Menschen ist der tägliche Kalorienbedarf damit zu einem großen Teil gedeckt.
1 kg Spinat entspricht 230 Kilokalorien.
1 kg Karotten sind 250 Kilokalorien.
1 kg Zucchini tragen lediglich 170 Kilokalorien bei.
1 kg Kartoffeln sind bereits 730 Kilokalorien.
1 kg gekochter Reis hat hingegen nur 127 Kilokalorien.
Sofern es dein Hund verträgt, kannst du die Futterschüssel also bis zum Rand und darüber hinaus mit wasserreichem, kalorienarmen Reis und Gemüse zusätzlich zum Fleisch füllen und damit das Volumen immens erhöhen.
Denn: Der Großteil des Volumens geht auf Wasser und Ballaststoffe zurück. Die Kalorienmenge bleibt gleich, wenn du Dosenfutter oder Frischfleisch in der passenden Portionsgröße für deinen Hund verwendest.
Das große Volumen füllt dennoch den Magen und löst damit schneller und stärker ein Gefühl der Sättigung aus.
Tipp: Erhöhe das Volumen so, dass dein Hund langsamer und damit länger fressen muss. Möhrenraspeln, Hundefutter mit Gemüse, Reis und Wasser zum Eintopf gekocht oder aufgequollenes Trockenfutter mit Wasser und Gemüse füllen Napf und Magen und lassen sich schwerer schlingen.
Regel 2: In der Ruhe liegt die Sättigung
Viele Menschen begehen den Fehler, ihrem Hund beim Fressen zu wenig Ruhe zu gönnen. Entweder wird ständig neben dem Napf hergelaufen oder danach gegriffen – der Hund muss sich diesen immer wegnehmen lassen.
Hat der Hund nicht zu der Zeit aufgegessen, die vom Menschen vorgeschrieben wird, wird der Napf weggenommen.
Stell dir das für dich und deine Mahlzeiten vor. Du sitzt vor deinem Teller und immer wieder läuft jemand um dich herum. Jemand, der dir jederzeit den Teller wegziehen kann. Möchtest du heute mal langsamer essen oder hast noch nicht so viel Hunger, wird dir dein Teller weggenommen und du musst darauf warten, dass du ihn eventuell Stunden später oder auch erst morgen wiederbekommst.
Wie entspannt fühlst du dich dabei? Stopfst du dir einfach zur Sicherheit so viel wie möglich, so schnell wie möglich rein? Dein Essen kann schließlich jede Sekunde weg sein und wer weiß, wann du wieder etwas bekommst!
Oder isst du ruhig und entspannt, bis du satt bist und weißt, wenn du später Hunger hast, kannst du noch ein Häppchen nehmen?
Gönn deinem Hund Entspannung. Während der Mahlzeiten hat niemand etwas an dem Napf verloren, außer deinem Vierbeiner. Mach aus dem Wegnehmen kein sinnloses Machtspiel.
Begreif die Ruhe beim Essen auch als Möglichkeit, die Fütterungsdauer zu verlängern. Schleckmatten oder Antischlingnäpfe, flüssigeres Futter mit mehr Volumen und größere Mengen sorgen dafür, dass dein Hund lernt, getrost von Resten im Futternapf weggehen zu können – sobald er satt ist.
Er hört auf das Sättigungsgefühl und beugt nicht für die nächste Hungerphase vor.
Dadurch nimmt dein Hund nur so viel, wie er wirklich braucht und erhält seine schlanke Linie.
Ist der Hund ein Schlingfresser?
Das kommt ganz auf die Definition an. Der Begriff Schlingfresser steht dafür, dass die Nahrung nicht wie beim Menschen gründlich klein gekaut und erst dann geschluckt wird. Darauf sind die Backenzähne von Hunden nicht ausgelegt. Stattdessen wird das Futter, falls nötig, gerissen, grob zerkleinert und dann geschluckt.
Es beschreibt also eine Art des Kauens und Schluckens. Nicht der Geschwindigkeit.
Was viele Menschen bei dem Begriff Schlingfresser verstehen, ist es etwas vollkommen anderes. Nämlich: Hunde schlingen alles im Turbogang runter.
Genau das ist aber nicht normal und ursprünglich auch nicht mit „Schlingfresser“ gemeint. Wenn ein Hund beim Fressen so schnell schluckt, dass er ein Verschlucken riskiert, währenddessen knurrt und es nur auf „besonders viel in besonders kurzer Zeit“ ankommt, dann liegt etwas gehörig im Argen. Dann hat der Hund schlicht nicht die nötige Ruhe und den nötigen Abstand, um sein Futter aufzunehmen.
Es gibt zudem einige Hunde, die ihr Futter ausführlich kauen, es am liebsten auf ihrem Bett (in ihrer individuellen Ruhezone) und zeitverzögert einnehmen. Sie entsprechen damit weder der einen noch der anderen Definition der Schlingfresser.
Nimmst du deinem Hund das Futter also weg, weil er nicht „schnell genug“ gefressen hat – dann stehst du der natürlichen Sättigung und dem entspannten Essen im Wege.
Regel 3: Zu lange Pausen vermeiden
Manche Hunde essen einmal täglich und sind auch dann noch nicht ausgehungert. Andere brauchen zwei bis drei Mahlzeiten und Snacks dazwischen, um Nüchternerbrechen zu vermeiden.
Wenn dein Hund jede Mahlzeit inhaliert oder gar keinen Appetit mehr hat, weil der Abstand zwischen den Futterzeiten zu groß ist, musst du die Pausen dringend verkürzen.
Individuell passende Abstände sorgen dafür, dass dein Vierbeiner zwar Appetit hat, aber nicht schon kurz davor ist, die Tapete von der Wand zu essen. Dementsprechend frisst er das Futter nicht im Turbogang und nimmt insgesamt weniger zu sich.
Regel 4: Arbeit und Auslastung sind wichtig
Hattest du schon mal einen schlechten Tag und Langeweile und hast deswegen deutlich mehr gegessen, als du benötigt hättest? Genau das kann Hunden auch passieren.
Ohne passende Auslastung, ohne passenden Anspruch und ohne Bewegung haben sie einen geringen Kalorienbedarf. Sie haben allerdings auch ansonsten nichts zu tun und nichts, worauf sie sich freuen können – außer ihrem Futter.
Zu einem gesunden Leben gehören Gegensätze. Anstrengung und Entspannung. Austoben und Schlaf. Leichte Erschöpfung und Hunger, gefolgt von Sättigung und Erholung. Hierdurch entsteht ein natürliches Gleichgewicht, das sich positiv auf das Fressverhalten auswirkt.
Beschäftige deinen Hund und gib ihm eine Aufgabe. Agility, Obedience, Hoops, Canicross, Tricksen und vieles mehr stehen zur Auswahl.
Geistig und körperlich ausgelastete Hunde haben lange Erholungsphasen. Die Arbeit sorgt dafür, dass Futter einen deutlich geringeren Stellenwert ihres Tages erhält und nicht das einzige Highlight ist.
Bietest du deinem Hund also Abwechslung, Bewegung und Erfolgserlebnisse, verliert die Futtersuche an Bedeutung.
Fun Fact: Gut trainierte, ausgelastete Hunde haben einen höheren Grundumsatz. Sie haben mehr Muskelmasse und brauchen schon für deren Erhalt mehr Futter.
Regel 5: Du brauchst Geduld
Ich betreibe seit Jahrzehnten „All you can eat“. Solange meine Hunde noch Futter wollen, bekommen sie Nachschlag. Wer zwischen den Mahlzeiten Hunger hat, kann Trockenfutter essen.
Gleichzeitig achte ich darauf, dass jeder Hund geistig und körperlich ausgelastet – aber nicht überlastet ist. Bei uns gibt es keine Aggression am Futternapf, denn Futter ist nicht knapp und damit keine Ressource.
Zieht ein Pflegetier ein, beginne ich dennoch bei Null. Denn jeder Hund muss erst lernen, was meine Vierbeiner längst wissen und was für sie normal ist.
Das liegt nicht an den „von Natur aus vorhandenen Anlagen“. Das liegt an der Konditionierung durch den Menschen. Diese Gewohnheiten sitzen sehr tief. Zu ihnen gehören in der Regel:
- Futter gibt es, wenn es dem Menschen passt
- Futter muss schnell gefressen werden
- Futter kann jederzeit weggenommen werden
- Futter muss verteidigt werden
Angesichts dieser Prägung ist es nicht verwunderlich, dass die Umstellung einige Zeit in Anspruch nimmt. Dennoch berichten unzählige Leute davon, dass sie schon ganze zwei Tage das Sattfüttern testen und der Hund immer noch „zu viel frisst und dann kotzt“. Natürlich macht er das. Er hat es so durch den Menschen gelernt, alles in kürzester Zeit zu inhalieren. Er hat verlernt, satt zu sein und darauf zu hören. So viel Vertrauen zu gewinnen, dass diese Konditionierung verlernt wird, dauert Wochen oder Monate. Nicht zwei Tage.
Geduld ist daher ein wichtiger Faktor, den du mitbringen musst. Geh daher erst dazu über, dass du voluminöseres, wasserreiches Futter in größeren Mengen zu den gewohnten Fütterungszeiten servierst.
Steigere die Mengen langsam. Anderenfalls besteht die Gefahr einer Magendrehung.
Lass deinen Hund beim Fressen in Ruhe. Biete ihm mehrere Mahlzeiten täglich an und bewahre Geduld. Dein Ziel ist erreicht, wenn der Napf nicht mehr bei jeder Mahlzeit in zwei Sekunden leergeputzt wird oder Mahlzeiten sogar entfallen können. Denn dann signalisiert der Vierbeiner deutlich, dass er satt ist.
Die Ausnahmen: Hunde ohne Sättigungsgefühl
Die meisten Hunde empfinden ein Sättigungsgefühl und überfressen sich somit nicht oder zumindest nicht regelmäßig, wenn sie Futter nicht als knappe Ressource betrachten.
Manche Hunde können aber selbst dann keine Sättigung empfinden, wenn du bei der Fütterung alles richtig machst.
Dazu gehören unter anderem Beagle und Labradore. Verantwortlich dafür sind Zucht und Gene. Ursprünglich wurden beide Rassen dafür gezüchtet, extrem anstrengende Aufgaben über lange Zeit durchzuhalten. Hunde mit größeren Reserven hatten dabei bessere Karten.
Somit waren sie begehrtere Kandidaten für die Zucht.
Im modernen Alltag rennt aber kaum ein Beagle in der Meute den ganzen Tag der Beute hinterher. Ebenso wenig wie es zur Normalität der meisten Labbis gehört, sich in kaltem Wasser rumzutreiben, um den Abschuss zu apportieren. Die Belastung ist nicht mehr da. Das Sättigungsgefühl hat sich jedoch nicht magisch wieder eingestellt.
Hat dein Vierbeiner keine normale und gesunde Sättigung, kannst du dennoch das Volumen des Futters erhöhen – ohne mehr Kalorien zu verfüttern. Du musst jedoch ganz besonders darauf achten, dass dein felliges Familienmitglied zum einen ausgelastet ist und zum anderen kein Übergewicht anlegt.

Hinterlasse eine Antwort zu Sommer, Sonne, Hitzestress – Hunde bei heißem Wetter schützen – PunkrockPudel Antwort abbrechen