Wurfgeschwister aufnehmen – darauf musst du achten

Du kannst dich einfach nicht zwischen zwei Welpen entscheiden, willst zwei Wurfgeschwister aufnehmen, damit sie nicht allein sind oder je einen Vierbeiner für dich und deinen Partner? Es gibt viele gute Gründe dafür, gleich zwei junge Hunde aus einem Wurf mit nach Hause zu nehmen. Dabei solltest du jedoch auch auf einige Punkte achten, um das Wurfgeschwister-Syndrom und andere Probleme zu vermeiden.

  1. Wurfgeschwister-Syndrom: sei dir der Gefahr bewusst
  2. Wähle Wurfgeschwister mit Bedacht aus
  3. Plane für Wurfgeschwister dreimal so viel Zeit ein
  4. Baue einzeln Bindungen zu deinen Hunden auf
  5. Beschäftige und sozialisiere die Welpen individuell
  6. Wurfgeschwister brauchen Anleitung und Vorbilder
  7. Wurfgeschwister: kein Garant für lebenslange Liebe
  8. Lass dich nicht abschrecken, aber sei realistisch

Wurfgeschwister-Syndrom: sei dir der Gefahr bewusst

Wer mit dem Gedanken spielt, zwei Welpen gleichzeitig aufzunehmen oder sie bereits zu Hause hat, wird von „Experten“ gerne mit dem Wurfgeschwister-Syndrom oder auch Littermate-Syndrom geängstigt. Dabei bauen die Hundegeschwister keine wirkliche Bindung zum Menschen auf, sind extrem voneinander abhängig und kaum bis gar nicht sozialisiert.

Was dir diese vermeintlichen „Experten“ allerdings nicht verraten, ist:

  1. Das Wurfgeschwister-Syndrom ist die Ausnahme. Nicht die Regel.
  2. Du kannst dem Wurfgeschwister-Syndrom durch einfache Maßnahmen vorbeugen.
  3. Sie selbst hatten nie Wurfgeschwister, sprechen also nicht aus Erfahrung.

Ich war schon des Öfteren so verrückt, Wurfgeschwister zu halten und werde es immer wieder tun. Denn die Vorteile überwiegen für mich ganz eindeutig, und das Littermate-Syndrom trat kein einziges Mal auf. Allerdings habe ich auch bewusst vorgebeugt und verrate dir hier, wie du das ebenfalls schaffst.

Wähle Wurfgeschwister mit Bedacht aus

Deinen Hund allein nach der Optik auszuwählen, ist immer eine dumme Idee. Denn die hübsche Fellzeichnung hilft dir nicht, wenn du einen ruhigen Hund wolltest und stattdessen den verbalen Draufgänger erwischst. Im Falle von Wurfgeschwistern kommt noch hinzu, dass bei einer falschen Wahl von dir gleich zwei Hunde und du selbst leiden.

Wichtig ist es bei deiner Entscheidung daher, dass du zwei harmonierende Hundegeschwister wählst. Denn bereits im Alter von 8 Wochen haben die Welpen Vorlieben, Abneigungen und eigenständige Persönlichkeiten. Ein eher sensibler Welpe kann sich von dem Raufbold gestört und gestresst fühlen. Der Haudrauf-Hund wird hingegen schnell und häufig frustriert reagieren, wenn du ihn beim Spielen ständig ausbremsen und alle 5 Minuten korrigieren musst.

Nimmst du zwei Wurfgeschwister, die gerne und fair miteinander spielen, kuscheln und kontaktliegen? Dann hast du die beste Basis für zwei glückliche Hundeleben.

Plane für Wurfgeschwister dreimal so viel Zeit ein

Stubenreinheit, Leinenführigkeit, das Wort „NEIN“ – Welpen müssen vor allem in den ersten Monaten viel lernen. Selbst wenn du Kommandos wie Sitz und Platz erst einmal außen vor lässt, ist die erste Zeit für Mensch und Hund gleichermaßen anstrengend.

Entscheidest du dich für zwei Welpen, stell dir folgende Situation vor:

Welpe A ist gerade aufgewacht, und du weißt, jetzt zählt jede Sekunde. Also schnappst du dir das Hundekind und bringst es im Eiltempo raus. Nur, um bei deiner Rückkehr eine Pfütze und ein Häufchen vorzufinden. Denn da ist ja auch noch Welpe B, der gerade eben noch friedlich schlief. Also bist du beim nächsten Mal schlauer und schnappst dir beide Welpen gleichzeitig. Blöderweise hast du jetzt keine Hand mehr frei, um die Tür zu öffnen, und während du Welpen A absetzt, wird dir warm ums Herz. Besser gesagt warm und feucht und da, wo du Welpen B eben auf deinem Arm hältst.  

So sehr du mit derlei Unfällen rechnen musst, so sehr musst du auch darauf bedacht sein, ausreichend Zeit einzeln mit deinen Welpen zu verbringen. Addiere dazu noch die Zeit und den Aufwand für das doppelte und dreifache Verbieten. Kaum hat einer aufgehört, fängt der nächste wieder an.

Zwei Welpen gleichzeitig zu glücklichen, gesellschaftsfähigen, erwachsenen Hunden zu erziehen, ist kein Zauberwerk. Aber du brauchst Zeit und du wirst bei dieser Aufgabe den einen oder anderen Nerventod erleben. 

Baue einzeln Bindungen zu deinen Hunden auf

Eine der größten Ängste bei der Anschaffung von zwei Welpen ist es, dass die Hunde keine oder kaum eine Bindung zu ihrem oder ihren Menschen aufbauen. Wozu auch? Sie haben schließlich einander.

Für die Vierbeiner besteht dabei die Gefahr, dass sie voneinander abhängig werden. Einer kann ohne den anderen gefühlt nicht existieren, leidet unter enormen Trennungsängsten und damit auch unter furchtbarem Stress.

Aber: Dieses Risiko kannst du unfassbar einfach beseitigen. Stärke die Bindung zu jedem Welpen einzeln. Spaziergänge, Training, Spielen und nicht zu vergessen Kuschelzeiten zumindest einmal täglich separat mit jedem der beiden abzuhalten, reicht dafür aus.

Sei dir dabei wiederum bewusst, dass du dafür mehr Zeit, Geduld und Wiederholungen brauchst als mit einem Welpen.

Beschäftige und sozialisiere die Welpen individuell

Alleinbleiben, ordentlich an der Leine laufen, Auto fahren, zum Tierarzt gehen, fremde Hunde treffen – damit deine Welpen später souverän durchs Leben gehen und auch als Individuen zurechtkommen, musst du sie von Anfang an als Individuen behandeln.

Kurz gesagt: Erzieh und sozialisier sie einzeln!

Fahr mit jedem allein mal Auto, Bus oder Bahn. Geh erst mit dem einen und dann mit dem anderen ins Tierfachgeschäft, zum Tierarzt, in den Baumarkt oder zur Hundewiese. Zumindest am Anfang solltest du täglich eine separate Runde für beide einlegen und auch beide gelegentlich getrennt fremdbetreuen lassen.

Hältst du das konsequent ein, schaffst du gleichzeitig mehrere Vorteile:

  • Zeitweise getrennt zu sein, wird für deine Wurfgeschwister vollkommen normal und ist kein Grund zur Sorge.
  • Du lernst deine Hunde individuell kennen und behandelst sie individuell, was eure Bindung stärkt.
  • Das Selbstbewusstsein jedes Hundes wird aufgebaut, wenn sie sich allein neuen Erfahrungen und Herausforderungen stellen müssen.
  • Du übst nebenbei das Alleinbleiben des einen Welpen, während du dich mit dem anderen beschäftigst.

Du beugst also dem Wurfgeschwister-Syndrom ganz gezielt vor.

Wurfgeschwister brauchen Anleitung und Vorbilder

Das braucht auch ein einzelner Welpe, dennoch möchte ich auf diesen Punkt eingehen: Viele begehen den Fehler, Sozialkontakte bei Wurfgeschwistern nicht allzu ernst zu nehmen. Immerhin haben die Welpen einander! Wozu brauchen sie also noch fremde Hunde?

Weil sie klare Kommunikation nur von souveränen, erwachsenen Hunden lernen können. Anderenfalls bleiben sie in gewisser Weise Hundekinder, die nur einander und niemand anderen wirklich verstehen. Dadurch können ihnen unbekannte Artgenossen fortlaufend bedrohlich vorkommen, Stress bereiten und in der Folge auch gefährliche Situationen entstehen.

Wurfgeschwister: kein Garant für lebenslange Liebe

Zwei Welpen aus einem Wurf sind anfangs anstrengend. Aus ihnen werden zudem auch zwei Junghunde, die vermutlich ziemlich zeitgleich in die Pubertät eintreten. Gewappnet mit einem Kopf voller bunter Knete und einer Hundehose voller Hormone ist diese Phase prädestiniert für Kämpfe, Konflikte und Probleme.

Abhängig von der Rasse, den Persönlichkeiten der Hunde und ihrer Erziehung kann es in dieser Zeit bei kurzen und zwar lauten, aber harmlosen Reibereien bleiben. Oder es kann ernst und blutig werden. In jedem Fall solltest du nie davon ausgehen, dass die Wurfgeschwister, die bisher ein Herz und eine Seele waren, lebenslang und in jeder Situation auch ein Herz und eine Seele bleiben.

Aus Erfahrung möchte ich dir diesen Tipp mitgeben: Setz von Anfang an die Regel durch, dass sich deine Hunde nicht lieben, aber respektieren müssen. Sie dürfen sich nicht gegenseitig beim Schlafen stören, beklauen oder unterbuttern. Diese goldene Hausregel entschärft vieles bereits, bietet allerdings keinen 100-prozentigen Schutz. Das bezieht sich jedoch nicht allein auf Wurfgeschwister.

Erkennst du Anzeichen von Aggressionen, geh auf Nummer sicher und trenn deine Hunde in deiner Abwesenheit. Der Zustand muss nicht für immer andauern, ist aber eine sinnvolle Schutzmaßnahme.

Lass dich nicht abschrecken, aber sei realistisch

Vor ein paar Tagen recherchierte ich das Wurfgeschwister-Syndrom oder Littermate-Syndrom, denn ich wollte wissen, was mittlerweile dazu im Internet herumgeistert. Die Ergebnisse waren gelinde gesagt erschreckend.

  1. Alle schreiben voneinander ab.

Getreu dem Motto: Kennst du einen Artikel, kennst du alle – haben alle vermeintlichen Experten fleißig voneinander abgeschrieben. Wurfgeschwister seien ein Alptraum, heißt es bei vielen. Das Littermate-Syndrom würde unweigerlich eintreten und spätestens während der Pubertät bringen sich die Hunde, die keine Minute ohne einander leben können, um.

All meine Wurfgeschwister leben noch und immer noch miteinander. Kein einziger Hund leidet unter dem Littermate-Syndrom und ich kann dir aus eigener und langjähriger Erfahrung sagen: Du musst dafür weder Übermensch sein noch zaubern können.

2. Experten ohne Erfahrung

Neben dem Abschreiben und Nachplappern fällt eine weitere Gemeinsamkeit auf: Das vollkommene Fehlen von Erfahrung der angeblichen „Experten“. Viel stärker und häufiger als das Wurfgeschwister-Syndrom wird nämlich der ganz normale Alltag mit zwei Welpen und später Junghunden zum Problem.

3. Unrealistische Angaben

Eine Aussage trat häufig auf und sollte die Häufigkeit der Probleme betonen: „Alle Hundetrainer*innen und Tierärzt*innen kennen das Wurfgeschwister-Syndrom und seine verheerenden Folgen aus der Praxis“

Ich habe aus Interesse alle Trainer, Ärzte und Züchter in meinem Umfeld gefragt. Kein einziger von ihnen hat das Littermate-Syndrom in der Praxis erlebt. Und das, obwohl sie zusammenlebende Wurfgeschwister kennen oder selbst halten.

Ein merkwürdiges Ergebnis, wenn das Syndrom laut den abschreibendenden „Experten“ angeblich weit verbreitet ist und auf nahezu alle Wurfgeschwister zutrifft.

Daher lautet mein Rat an dich: Lass dich von den Meinungen ohne Erfahrungen dahinter nicht abschrecken. Aber sei realistisch. Zwei Welpen auf einmal aufzunehmen und das Wurfgeschwister-Syndrom auszuschließen ist objektiv in vielerlei Hinsicht anstrengender, als einen Welpen in dein Leben zu holen. Durch das richtige Vorgehen kann es dennoch gelingen. Mit dem Artikel „Wurfgeschwister aufnehmen? Vorteile und Nachteile“ erhältst du eine weitere (Entscheidungs-)Hilfe.

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