Warum werden Pudel so geschoren? Warum haben sie extreme Frisuren? Bommeln auf dem ansonsten kurz oder sogar nackt geschorenen Hintern, Haargummis in den geflochtenen Ohren und in der Krone, eine aufgeplüschte Weste am Oberkörper. Hat das einen Sinn? Und wie ist das eigentlich für die Hunde? Antworten auf diese Fragen bekommst du hier.
- Warum werden Pudel geschoren?
- Warum haben Pudel solche Frisuren? Der Ursprung
- Warum werden Pudel heute so geschoren?
- Leiden Pudel mit bizarren Frisuren?
- Hundefrisuren als Kunstwerke
- Die positive Wende
Warum werden Pudel geschoren?
Pudelfell muss regelmäßig gekürzt werden, da es ansonsten immense Längen erreicht. Beim Scheren oder Schneiden wird mit einer Schermaschine oder einer Schere die Haarlänge kontrolliert.
Obwohl es oftmals behauptet oder synonym verwendet wird, werden Pudel nicht getrimmt. Das Trimmen beim Hund besteht daraus, Fellhaare kontrolliert auszuzupfen. Pudel werden lediglich geschnitten oder geschoren.
In welche Form das Fell dabei gebracht wird, kann vollkommen unterschiedlich ausfallen. Von einer gleichmäßigen Länge am ganzen Körper bis hin zu bizarren Frisuren ist alles möglich.
Warum haben Pudel solche Frisuren? Der Ursprung
Wenn du schon einmal einen Pudel mit Löwenschur gesehen hast, hattest du tatsächlich ein Stück einer langen Geschichte und Entwicklung vor Augen. Bei der Löwenschur behält der Hund eine lange „Weste“. Längeres Fell bedeckt den Oberkörper. Etwa ab der Mitte des Rückens wird das Fell radikal kurzgehalten.
Der Ursprung dieser Schur hat nichts mit Mode zu tun, sondern mit Praktikabilität. Pudel waren einst Jagdhunde, die während ihrer Arbeit unter anderem ins Wasser gingen. Damit Herz und Lunge vor Kälte geschützt werden und dem Auskühlen vorgebeugt wird, blieb die Weste lang.
Um gleichzeitig die größte Beinfreiheit zu gewährleisten, wurden die Hinterläufe kurz geschoren. Die Optik spielte dabei keine Rolle.
Als der Pudel vom Jagd- zum Begleithund wurde, blieb die Schur erhalten und wurde immer extremer. Dazu kamen Modeerscheinungen, die in zahlreichen anderen Schurvarianten resultierten. Zu diesen gehören:
- Bikini Clip
- Englische Schur
- Kennel Clip
- Lamb Clip
- Löwenschur
- Moderne Schur
- Puppy Schur
- Schnürenpudel
- Town- and Country Clip
- Utility Clip
Fun Fact: Im Dritten Reich galten ungeschorene oder besser gesagt „falsch“ geschorene Pudel als undeutsch und bekamen weder Papiere noch Fleischmarken. Wer seinen Hund füttern wollte, musste ihm also die richtige Frisur verpassen. Gesetzlich vorgeschrieben.
Ganz so schlimm ist es heute nicht mehr, doch Vorschriften gibt es in manchen Bereichen noch immer. Möchtest du beispielsweise auf FCI-Ausstellungen gehen, bist du in der Wahl der Pudelschur begrenzt. Anerkannt sind ausschließlich:
- Englische Schur
- Löwenschur
- Moderne Schur
- Puppy Schur
- Schnürenpudel
Bedenke dabei, dass die Richter in der Regel persönliche Präferenzen haben. Die Vorschriften bringen einige Probleme mit sich. Doch dazu später mehr.
Warum werden Pudel heute so geschoren?
Einen der Gründe kennst du jetzt: Ausstellungen. Selbst ein perfekter Pudel mit fantastischen Maßen und einem wunderbaren Wesen hat keine Chance auf einen Titel, wenn er die „falsche“ Schur trägt.
Die Pudelfrisur ist leider ein ausschlaggebender Faktor für die Bewertung. Das Problem daran? Die Schur und damit das Können des Groomers wird teilweise stärker bewertet als Körperbau, Wesen und Gesundheit des Hundes.
Ein weiterer Grund für die teils grotesken Frisuren von Pudeln: Sie sind möglich. Das Fell eignet sich bestens zum Frisieren. Es lässt sich einfach in Form schneiden, scheren, bürsten und sprayen, kann gefärbt, geflochten, eindreht und geschnürt werden.
Der ausschlaggebende Grund für komische Pudelfrisuren: der Mensch dahinter. Der persönliche Geschmack, Trends und das eigene Können (oder das des Groomers) entscheiden darüber, wie die Hunde frisiert sind.
Manche leben dabei ihre Kreativität aus und stecken viel Energie und Zeit in das Scheren und Stylen.
Leiden Pudel mit bizarren Frisuren?
Das kommt ganz auf die Frisur an. Färben und eher moderate Schnitte stören den Hund in keinster Weise. Potenziell problematisch wird es, sobald die Frisuren extrem aufwendig oder einschränkend sind.
Zwar behaupten alle Halter, ihre Hunde würden trotz Zöpfen, Haargummis und enorm langem Fell ein normales Leben führen, die Realität sieht in einigen Fällen dennoch anders aus.
Werfen wir einen Blick auf die kritischen Punkte:
Der Zeitaufwand
Bürsten, Baden und Scheren gehören unweigerlich zur Pflege eines Pudels. Der Zeitaufwand und die damit verbundene Arbeit fallen allerdings gravierend unterschiedlich aus. Eine kurze, einfache Schur erleichtert das regelmäßige Bürsten, reduziert den Aufwand beim Baden und Föhnen und schränkt den Hund in keinster Weise ein.
Er kann sich frei bewegen, schmutzig machen und selbst Fremdkörper wie Kletten, Zweige und Co. lassen sich leicht entfernen. Parasiten wie Flöhe und Zecken fallen schneller auf und können dadurch frühzeitig behandelt werden. Zusätzlich fällt die Temperaturregulierung bei gleichmäßig geschorenem und relativ kurzem Fell deutlich einfacher.
Die pflegeleichte Variante kommt also sowohl Halter als auch Hund zugute.
Bei aufwendigen Schuren und Frisuren mit Haargummis, Flechten und erheblichen Unterschieden in der Felllänge ist nicht nur der Mensch oft und lange mit der Pflege und dem Styling beschäftigt. Der Hund muss dabei stillhalten, es wird immer wieder an ihm rumgeziept und bereits das einfache Bürsten nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch. Baden und Föhnen dauern länger und Verschmutzungen, Parasiten oder Fremdkörper zu entfernen ist komplizierter. Das stellt auch nach entsprechender Gewöhnung eine Belastung dar.
Einschränkungen beim Fressen
Geflochtene, vollgeschmierte Ohren lassen sich schwer reinigen. Sie müssen daher entweder vor jeder Mahlzeit verpackt werden oder es erfolgt eine ausschließliche Fütterung mit Trockenfutter. Kaukram zu bekommen, gestaltet sich ebenfalls schwierig.
Einige Halter haben kein Problem damit, die Ohren auf angenehme Weise zu schützen. Andere verzichten lieber auf alles, woran sich der Hund vollschmieren könnte.
Mal einen Kong ausschlecken, Möhren knabbern oder eine Kaustange entfallen damit. Das ist zwar weder lebensbedrohlich noch vernachlässigend, aber schade und einschränkend für den Hund.
Bewegung und Spielen
Durch Pfützen springen, sich einfach mal ausgiebig wälzen, durch Laub rennen, in einem See zur Abkühlung schwimmen – sieht der Hund danach aus wie einmal durch den Schlamm gezogen und steht eine mehrstündige Bade- und Föhnsession bevor, verhindern es Halter in der Regel.
Hinzu kommt, dass das lange Fell beim Raufen und Spielen stören und beschädigt werden kann. Also wird auch darauf verzichtet. Lösen auf Asphalt, bloß nicht schmutzig machen und ausbremsen beim Spielen gehört bei extremen Frisuren für gewöhnlich dazu.
Hier sind also definitiv Einschränkungen gegeben, mit denen die Hunde leben müssen.
Wärmeverteilung
Vorn hält eine enorme Weste den Körper warm, hinten sind Bauch, Rücken, Po und Beine allen Temperaturen sofort ausgesetzt. Das stellt zu allen Jahreszeiten ein potenzielles Problem dar und ist für die Hunde grundlegend unangenehm.
Auf den Menschen übertragen entspricht es bei den extremen Varianten dem Tragen einer Winterjacke – ohne Hosen.
Warum werden die Hunde also weiterhin so frisiert?
Hundefrisuren als Kunstwerke
Groomer und Halter stellen mit den Frisuren vor allem eins in den Vordergrund: sich selbst. Das gilt immer dann, wenn es sich nicht um praktische Stile handelt oder um einen Style, der den Hund nicht beeinträchtigt.
Gefärbtes Fell, Fellkreide oder Stempel? Diese sind schlichtweg witzig, schränken den Pudel jedoch nicht ein. Flechten, Schnüren, Haargummis und gravierende Unterschiede bei der Felllänge? Bei diesen Varianten geht es in keinster Weise um den Hund, aber er wird davon am stärksten beeinflusst.
Die positive Wende
Pudel erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie sind sportlich, verhältnismäßig einfach zu erziehen und sie werden in verschiedenen Größen gezüchtet.
Allmählich kommen wir also vom Image als „Rentnerhund“ weg. Damit geht auch eine Änderung bei den Schuren einher. Die wenigsten Hunde werden ausgestellt. Dadurch gewinnen praktische Schuren zunehmend an Beliebtheit.
Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für das Tierwohl. An einigen Stellen in die falsche Richtung, wie du beispielsweise an der Debatte um das Kürzen der Vibrissen erkennen kannst.

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